OPUS 02

 

Hören Sie eine gekürzte Folge der Weihnachts CD , in Form einer Collage der Werke, mit Informationen

zu den Komponisten und Kompositionen,




Eine Weihnachtsgeschichte auf der Orgel

I.
Weihnacht, heilige Nacht, geweihte Nacht, geheimnisvolle Nacht.

Der Weihnacht wohnt ein Zauber inne.


Um diesen Zauber dreht sich die Musik, die ein Wanderung und Wandelung beschreibt,

durch eine Zeit des Übergangs zum neuen Anfang,

durch einen Raum der Düsternis zum Licht.
Die Bibel fasst in ihrer Heilsgeschichte den so geheimnisvollen Übergang

als das Erscheinen Jesu Christi,

des Geistes Fleischeswerdung;

wunderbar erzählt und sagenhaft

als die Geburt von Gottes eigenem Sohn aus einer Jungfrau.


Die unwahrscheinliche Geschichte, die so verwirrend rührend ist,

bleibt uns als Bild und Ahnung jenes zu erfassen,

das zutrug sich in illo tempore in einer Winternacht und seither jedes Jahr.


Dies Bild und dieses Ahnen trägt in sich auch die Musik, die hier und jetzt und in der Orgel tönende Gestalt gewinnt.

Kein and'res Instrument trifft so warm den Klang des Wunderbaren,

geheimnisvolle Dunkelheit und Lichtung des Geweihten;

den Ton der Nacht,

die zwischen ist sowohl den Räumen 

wie den Zeiten.

II.
Die für die Nacht gewählten Stücke beschreiben die erstaunliche Geschichte,

erbaulich und voll Zuversicht,

doch auch nicht ohne Zweifel, ohne Düsternis.

Geweiht zu sein ist ein besondres Mal, das diese Nacht wie keine and're trägt.
Doch hebt es an mit Freude und Gewissheit;

mit jenem Chorsatz aus Georg Friedrich Händels Oratorien,

der mit der Zeile "Tochter Zion freue dich"

zum hoffnungsvollen Weihnachtslied geworden und allen Strahl- und Lichtklang zu erfassen mag,

in dem sich wiegt das Hoffen auf das Neue,

wenn denn die Nacht beginnt.


Doch war verfrüht was als Triumphgesang begonnen;

nimmt sich zurück im folgenden Choral,

"Nun komm der Heiden Heiland",

wie Martin Luther den Hymnus des Ambrosius übersetzte.


In schwebend seltsam unbestimmtem Ton umspielt drei mal in

Johann Gottfried Walthers Noten die Orgel wie im Dämmerlicht den (stummen) Text,

der eigentlich so fordernd und gewisslich tut.

Doch ist es Ungewissheit, die geweihte Eigenheit der Hoffnung,

die uns genau in dem Moment erfasst, wo sich das Dunkel über alles legt.


Die Nacht hebt an.

Beginnen lässt sie César Franck mit Klängen der Geborgenheit,

die uns umfasst und in ein Dunkel trägt, das aber immer mehr zur Düsternis sich wandelt.

Je tiefer wir in dieser Nacht versinken, so mehr verliert der Klang den Halt

und wiegt sich schwankend zwischen Albtraum hin und Trost.

Jedoch Passagen, schimmernd und choralhaft, sie deuten etwas an, das jetzt noch nicht zu fassen ist;

ein Licht,

das uns zwar glimmt, doch noch verborgen tief im Dunkel bleibt.


Es ist erst der aus diesem Licht geformter Klang,

mit dem dann Bach den diesen Schein belebenden Choral umspielt,

der vor sich her trägt das Versprechen

"Vom Himmel hoch da komm ich her",

und damit, auf ein gutes Ende.

Doch im Geflecht der Stimmen spürt man auch, auf welchen vielen und verborg'nen Wegen geht,

was dieser Nacht besonders macht.

Wer hier nicht der Gewissheit folgt, verliert die Spur davon und auch dahin.


Die Ungewissheit leitet Peter Planyavsky's Fanatsie auf

 "Stille Nacht, heilige Nacht",

das vielbekannte Lied auf diesen düsterhellen Augenblick der Ewigkeit.

Die fromme Innbrunst jener Verse taucht ins Zwielicht, als ob sich die Erkenntnis auftut,

wie wankend alles ist, was wir an Hoffnung mit der stillen Nacht und ihre Heiligkeit verbinden. 


Doch dieses Hoffen wächst und wird im Dietrich Buxtehudes

"In dulci jubilo, nun singet und seid froh"

zur fröhlichen Gewissheit, in zierliches Barock gehüllt.

Denn es geschieht etwas,

es wächst ein Licht,

es kommt etwas herauf.


Mit der Gewissheit dann jedoch erwacht

(wie jedes Jahr auf's neue)

noch eine Spielart, nicht des Hoffens,

sonder der Erwartung – auf die Geschenke;

und mit ihr schwebt auch der Fluch, der tief am Boden jeder Weihnacht wacht:

die Gier.

Die Variationen von Christian Heinrich Rinck über das Lied vom

Weihnachtsmann

und seine viel zu vielen Gaben;

sie leuchten aller Freuden Schrecken im Zwielicht dieser Nacht grell aus ...

die sich deutschen Text von Fallersleben finden:


"Morgen kommt der Weihnachtsmann / Kommt mit seinen Gaben, /

Trommel, Pfeifen und Gewehr / Fahn' und Säbel, und noch mehr /

Ja, ein ganzes Kriegesheer / Möcht' ich gerne haben!“.


Doch immerhin wird Rinck nicht dieses Lied im Ohr geklungen haben

(der Text erschien erst 1837; die Komposition bereits 1828);

vielmehr das Liedchen

„Ah! vous dirai-je, Maman“,

das uns von Leid und Lust der frühen Lieb' erzählt –

und so doch sehr genau den Ton trifft jener Unruh',

die diese Nacht zerwühlt, ganz unberührt von jeder Kaufrauschhymne Fallerslebens.


Nach so viel an Getrampel und Verwirrung:

die Bach'sche Pastorale

findet zur Besinnung, auf fromme Einkehr, auf Genügsamkeit

und Schau des Wunders, das da kommen will.

Es stellt sich Ruhe ein und eine Zuversicht,

die dann in unverstellter Fröhlichkeit zu sich selber findet

.
Max Reger schließlich lässt das Wesen der geweihten Nacht als eine Nachtmusik erklingen.

Als fasse er zusammen, was uns in dieser Reise durch die Nacht bisher geschah,

klingt hier ein Bangen an im Ton von Cesar Franck,

um mit an Bach gemahnenden Choral-Passagen

den Weg zurück zur Zuversicht zu finden;

bis zum Zitat der „Stillen Nacht“,

die hier mit Hoffen und mit Fragen neu erklingt.


Gewissheit bringt am Ende erst der Morgen, in David Willcocks Paraphrase

zu Mendelsohns

"Hark! The Herald Angels sing".

Ein festlicher Ausklang,

den Zweifel abstreifend,

und einem neuen Licht entgegen.

III
Die weihevolle, geheimnisvolle Weihnacht

ist noch nicht das Fest,

denn dies ist erst der neue Tag.

Der kommen möge,

jedesmal,

wenn durch die Nacht ein neuer

und erneuter Weg

gefunden wurde.


Der Orgel Tönen führt durch diese Nacht zum neuen Licht

– und hin zum Glück tief in uns selbst.

Und das

ist das Geheimnis

jeder Weihnacht.

Das Programm der CD . Jakobsklänge OPUS 02

Alexandre Guilmant . (1837-1911)                                                     03:44
01          Paraphrase sur un Choeur de Judas Macchabée de Händel           


Johann Gottfried Walther . (1684-1748)                                           05:29
02-04    Nun komm, der Heiden Heiland, LV 44, Vers 1-3


César Franck . (1822-1890)                                                                 09:24

05         Pastorale, op. 19 


Johann Sebastian Bach . (1685-1750)                                              04:49

06        Fughetta super: Vom Himmel hoch, da komm ich her, BWV 70

07.       Fuga sopra: Vom Himmel hoch, da komm ich her, BWV 700


Peter Planyavsky . (*1947)                                                                   06:14
08       Stille Nacht, heilige Nacht

                                                                   

Dietrich Buxtehude . (1637-1707)                                                      02:12

09.     In dulci jubilo BuxWV 197


Christian Heinrich Rinck . (1770-1846)                                             13:47

10-21 Variationen und Finale über „Morgen kommt der Weihnachtsmann“

           (Maestoso und Thema)


Johann Sebastian Bach                                                                        10:13

22-25 Pastorale, BWV 590


Max Reger . (1873-1916)                                                                      08:48
26     Weihnachten, op. 145 Nr. 3


David Willcocks . (1919-2015)                                                             04:50
27     Postlude on „Mendelssohn“

          („Hark! The herald-angels sing“)
                                                                                     
Gesamtspielzeit: 69:44